Liebe Gäste dieser kleinen Ausstellung,
ich begrüße sie recht herzlich zur Eröffnung der Ausstellung
„Augenschmaus“.
Lange hab ich darüber nachgedacht, was ich Ihnen zu meinen Zeichnungen sagen soll. Dies hielt meinem inneren Dialog nicht stand, jenes hab ich wieder verworfen. Muss ich überhaupt Worte finden für das, was Sie hier sehen können? Oder stören Worte den Betrachtenden? Engen sie seine Sichtweise und Entdeckerfreude sogar ein? „Das sieht aus wie…“, dieser angefangene Satz ebnet schließlich den Weg, sich Fremdes zu Eigen zu machen und ist Ausdruck einer individuellen Sichtweise. Lassen sich meine Zeichnungen in einen kunsthistorischen Zusammenhang stellen, wie lässt sich meine Vorgehensweise beschreiben? Gibt es Vergleichbares? Und in welcher Stilepoche?
Sie sehen, ich habe es mir nicht leicht gemacht, Fragen zu stellen. Sie kamen wie von selbst. Anders als die Antworten. Die lassen, wie so oft, auf sich warten.
Nun, ich bin keine Kunsthistorikerin, ich will mich mit niemandem messen, ich habe einfach Freude am Zeichnen und das, solange ich denken kann. Solange ich denken kann liebte ich den Geruch von angespitzten Bleistiften, genoss es, alle Stifte auszuprobieren und roch an jedem Papier, das mir in die Hände fiel.
In meinem Leben stand dennoch die Kunst nicht im Mittelpunkt, sondern meine Familie und mein Beruf. Seit nunmehr sechsunddreißig Jahren bin ich Lehrerin und das mit der gleichen Intensität, mit der ich „strichle“.
Nun bin ich doch entschlossen, Ihnen etwas über meine Zeichnungen zu erzählen. Ich persönlich sehe in ihnen Stillleben, die irgendwie auch Landschaften sind. Wie ich dazu kam, mir diese Motive zu wählen? Das ist einfach zu erklären. Vor langer Zeit, vor etwa 25 Jahren, ließen es unterschiedliche Gründe nicht zu, dass ich mit meiner „Malgruppe“ in die Natur hinausziehen konnte, um Landschaften in mich aufzunehmen und sie zu malen oder zu zeichnen. Da Hindernisse nur da sind, überwunden zu werden und ich wild entschlossen war, meinen Malfreundinnen nicht nachzustehen, begann ich, die kleinen Dinge um mich herum auf spezielle Weise wahrzunehmen. Ich musste einfach der Struktur von Organischem aus der Küche, das war schließlich der Ort, an dem ich mich sehr häufig und gern aufhielt, auf den Grund gehen und es zeichnen. Entstanden da nicht auch in gewisser Weise Landschaften? Auch jede Abbildung von Speisen wurde geprüft auf ihre Komposition, für gut befunden oder verworfen. Und wenn ich die Proportionen veränderte, entstand da nicht ein Raum, der belebt werden konnte?
Ein Kürbis wuchs sich zum Gebirge aus, an einem Fisch hatte jemand gearbeitet und die Leiter stehen lassen, die Walnuss war ein Hindernis, vor dem gewarnt werden musste. In vielen Zeichnungen habe ich Attribute eingefügt, die da eigentlich nicht hingehörten, die offensichtlich von unsichtbaren Bewohnern hinterlassen wurden.
Durch die Technik der übereinander liegenden Bleistiftstrukturen ergibt sich eine besondere Tiefe und es eröffnen sich Räume, die die Phantasie des Betrachters nur füllen muss. Zusätzlich liegt ein überraschender Moment in der Umkehrung der Größenverhältnisse. Die kleinen, unscheinbaren Dinge sind plötzlich riesig und es wert, im Mittelpunkt zu stehen. Und das hat viel mit meiner Sicht auf die Dinge zu tun. Schau genau! Beobachte jedes Detail! Trau deinen Augen!
So entstanden über die Jahre viele „Küchenbilder“ und diese Art zu zeichnen ließ mich bis heute nicht mehr los. Sie hat mich fast süchtig gemacht und ich brauche die stille Arbeit, um für die laute in der Schule gewappnet zu sein.
Nun schauen sie aber selbst, lassen Sie sich auf meine Zeichnungen ein und begeben Sie sich in die Räume der Phantasie! Viel Vergnügen beim Betrachten der „Küchenbilder“, auf das sie für Sie zu einem „Augenschmaus“ werden!